Die Vorsorgekoloskopie führt sowohl durch Früherkennung bereits vorhandener Kolonkarzinome als auch durch konsequente Entfernung von Vorstufen zu einer Mortalitätsreduktion. Wissenschaftler haben in einer Modell-Studie (Markov-Modell) untersucht, welchen Anteil beide Komponenten daran haben. Sie fanden, dass der Rückgang der Darmkrebssterblichkeit zwar durch die Früherkennung bereits vorhandener Krebse bedingt ist, dass aber die Prävention inzidenter Fälle für den Großteil der verhinderten Todesfälle im Langzeitverlauf verantwortlich ist. „Diese Studie macht klar, wie entscheidend die Entfernung von Vorstufen des Kolonkarzinoms für das Langzeitüberleben von Menschen ist, die ohne Screening an Darmkrebs erkrankt wären“, kommentiert Prof. Dr. J. F. Riemann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke (Gastrointest Endosc 2024;100:710-17).
Stiftung LebensBlicke
Darmkrebs: Vorsorge - Früherkennung - Nachsorge
Liebe Leserinnen und Leser, Freunde und Mitstreiterinnen,
die Stiftung LebensBlicke blickt mit Befriedigung auf 25 Jahre Aufklärung und Motivation für die Darmkrebsvorsorge zurück. Es ist viel erreicht worden. Aus einem opportunistischen Vorsorgeangebot 2002 ist ein bundesweit organisiertes Einladungsverfahren zum Darmkrebs-Screening geworden. Der immunologische Stuhltest hat sich als niedrigschwelliges Angebot auch bei uns durchgesetzt. Die Freude darüber darf aber nicht den Blick dafür verstellen, dass nach wie vor rund 54.000 Darmkrebs-Neuerkrankungen und 24.000 Todesfälle pro Jahr immer noch viel zu hoch sind. Für die Stiftung LebensBlicke heißt das, ihr Engagement für die Darmkrebsvorsorge unbeirrt fortzusetzen! Bitte unterstützen auch Sie uns weiterhin!
Dear international users,
the LebensBlicke Foundation looks back with satisfaction on 25 years of education and motivation for colon cancer prevention. A lot has been achieved. An opportunistic screening offer in 2002 has become a nationwide organized invitation process for colon cancer screening. The immunological stool test has also established itself here as a low-threshold option. However, the joy about this should not obscure the fact that around 54,000 new cases of colon cancer and 24,000 deaths per year are still far too high. For the LebensBlicke Foundation, this means undeterred in continuing its commitment to colon cancer prevention! Please continue to support us!
Professor Dr. Jürgen F. Riemann / Vorstandsvorsitzender der Stiftung Lebensblicke
Schützt Aspirin doch vor Darmkrebs? Die Daten häufen sich!
Niedrig dosiertes Aspirin (75-100mg) könnte potenziell helfen, das Risiko für Darmkrebs zu senken, insbesondere bei Menschen mit erhöhtem Risiko. Studien legen nahe, dass die regelmäßige Einnahme von niedrig dosiertem Aspirin entzündungshemmend wirkt und das Wachstum bestimmter Krebszellen hemmen kann. Dies konnte in einer aktuellen Studie aus Norwegen mit über 2,2 Millionen Teilnehmern aufgezeigt werden. Insbesondere die längere Einnahme über fünf Jahre könnte zu einer deutlichen Senkung des Darmkrebsrisikos führen (Nafisi et al., Am J Gastroenterol 2024, 119:1402). „Die Häufung von Mitteilungen über die ASS-Wirkung lässt aufhorchen und zeigt, dass diesem ‚Allerweltsmittel‘ offensichtlich doch eine protektive Wirkung zukommt“, kommentiert PD Dr. Axel Eickhoff vom Vorstand der Stiftung LebensBlicke.
Stressreaktion in der roboter-assistierten Chirurgie
Die roboter-assistierte Chirurgie ist weit verbreitet, wenngleich der Nachweis eines positiven Effektes dieser Technologie auf die Ergebnisse der Darmkrebschirurgie bisher noch nicht erbracht werden konnte. Eine Studie aus Dänemark konnte nun erstmals nachweisen, dass die Operation bei Darmkrebs mit dem OP-Roboter zu einer verringerten Stress-Reaktion bei Patient:innen führt. Verglichen wurden die Robotik-Operationen mit den minimal-invasiven („Schlüsselloch“)-OPs ohne Roboter. Hierzu wurde das sogenannte C-reaktive Protein (CRP) (ein Entzündungseiweiss im Blut, welches in Folge einer Stressreaktion im Körper gebildet wird) in den ersten Tagen nach der Darmkrebs-OP gemessen. Überdies wurden Komplikationen während und nach der OP aufgezeichnet. Auch die Art der Genesung nach OP und die Schmerzintensität wurden aufgezeichnet. Es konnte festgestellt werden, dass Patient:innen nach Darmkrebs-OP mit dem OP-Roboter deutlich weniger Stressreaktionen ihres Körpers zeigten, verglichen mit denjenigen, die einer „normale“ Schlüsselloch-OP unterzogen wurden, kommentiert Professor Dr. Ines Gockel vom Vorstand der Stiftung Lebensblicke (Cuk P, Tiskus M, Möller S, et al.).
Boris Rhein ist neuer Befürworter der Stiftung
Boris Rhein, Ministerpräsident des Landes Hessen, ist neuer Befürworter der Stiftung LebensBlicke! Hier sein Statement: „Darmkrebs ist tückisch, denn er wächst oft unbemerkt und verursacht erst spät Beschwerden. Deswegen ist eine Darmspiegelung so wichtig. Sie kann bösartige Veränderungen frühzeitig aufdecken und die Heilungschancen deutlich erhöhen. Regelmäßige Vorsorge ist der beste Schutz. Mein Appell lautet deshalb: Nehmen Sie das kostenlose Angebot Ihrer Krankenkasse in Anspruch und lassen Sie sich untersuchen!“ Foto: Sinah Osner
Darmkrebs-Screening: NordICC-Daten besser als gedacht
Die wissenschaftliche Überprüfung bereits publizierter Daten macht immer Sinn. Das zeigte sich jüngst an den Ergebnissen der sog. NordICC-Studie, in der die Wirksamkeit der Darmkrebsvorsorge untersucht wurde. Das Darmkrebsrisiko wurde nach dieser Studie lediglich um 20% gesenkt ohne einen Effekt auf die Mortalität. Das war ungewöhnlich. Wissenschaftler um Professor Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, haben in einem Research Letter einen Grund für den unerwartet geringen Effekt benannt (JAMA Netw Open 2024). Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass bei der Erfassung neuer Krebserkrankungen in den Krebsregistern einige Zeit zwischen Diagnosestellung und Registrierung vergeht. Es sei davon auszugehen, dass dies auch im Follow-up der NordICC-Kohorte der Fall war, so die Autoren. Der verkürzte Beobachtungszeitraum gilt gleichermaßen für die Interventions- wie für die Kontrollgruppe. Die Darmkrebsinzidenz entwickelte sich bei beiden Gruppen unterschiedlich, so dass die Differenz mit längerer Nachverfolgungszeit immer ausgeprägter wird. „Wenn man diese Verzögerungen in der Analyse der Studie angemessen berücksichtigt, so kommt man zu vergleichbar starken Effekten, wie man sie in anderen epidemiologischen Studien seit langem beobachtet hat“, so Brenner. Die Autoren schlussfolgern, dass eine vollständige 10- und 15-Jahres-Nachbeobachtung notwendig ist, um den tatsächlichen Effekt der Vorsorgekoloskopie auf das Darmkrebsrisiko und die Mortalität zu ermitteln. | Text: Dr. H. Meyer – Stiftung LebensBlicke | Quelle: ÄrzteZeitung online 7.10.2024
ASS kann Risiko für Kolonkarzinom senken!
Schon seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) mit einem geringeren Auftreten von kolorektalen Karzinome assoziiert ist. Allerdings sind der Mechanismus und die Dimension nicht bekannt. Aus zwei großen prospektiven Kohorten (“Nurses’ Health Study” (1980-2018) und der “Men in the Health Professionals Follow-Up Study“ (1986-2018) wurden die Gesundheitsdaten von insgesamt 107.655 Teilnehmern ausgewertet. Die Teilnehmer wurden dabei in 5 Kategorien für einen gesunden Lebensstil (0 ungesund bis 5 gesund) eingeteilt. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass kolorektale Karzinome bei Personen die regelmäßig ASS einnahmen (mehr als 2 Tabletten/Woche) mit 1,98% signifikant seltener auftraten als mit 2,95% bei Personen ohne ASS-Einnahme. Interessanterweise war dieser Effekt besonders hoch bei ungesundem Lebensstil (und hier besonders Übergewicht und Rauchen). Die 10-year number needed to treat war 78 für die Kategorien 0 bis 1, 164 für die Kategorie 2, 154 für die Kategorie 3 und 909 für die Kategorien 4 bis 5. „Diese Arbeit bestätigt, dass das Risiko für kolorektale Karzinom abhängig vom Lebensstil ist und dass ASS einen protektiven Einfluss hat. Die lineare Abhängigkeit der Protektion durch ASS vom Lebensstil deutet auf eine Kausalität der ASS-Wirkung hin. Möglicherweise sollte Menschen mit ungesundem Lebensstil neben Veränderungen des Lebensstil zur Einnahme von ASS geraten werden“, kommentiert Professor Christoph Eisenbach vom Vorstand der Stiftung LebensBlicke. Quelle: Sikavi DR et al. JAMA oncology 2024;10(10):1354-1361
Darmkrebsvorsorge bereits unter 50 Jahren sinnvoll!
„Es ist nie zu früh, und selten zu spät“, wie der Volksmund sagt. Das gilt auch und gerade bei der Vorsorge für den Darmkrebs. Aktuelle Studienergebnisse, publiziert vom Forscherteam um Dr. Theodor Levin von der School of Medicine in Kalifornien, unterstreichen in eindeutiger Weise die Sinnhaftigkeit eines früheren KRK-Screenings (Ann Intern Med 2024, online 22. Oktober). In der retrospektiven Kohortenstudie wurden fäkale immunchemische Tests (FIT) bei Personen zwischen 45-50 Jahren mit Personen im Alter von 50 Jahren verglichen. Eine ergänzende Koloskopie nach einem positiven FIT wurde in beiden Gruppen vergleichbar häufig gemacht. Die Autoren schlussfolgern, dass die Ergebnisse in beiden Gruppen insgesamt auf ein ähnlich hohes Darmkrebsrisiko hinweisen. Das sei ein starkes Argument dafür, das Screeningalter auf 45 Jahre zu senken. Die Forderung steht im Einklang mit der American Cancer Society. Auch die Stiftung Lebensblicke unter ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. J. F. Riemann setzt sich seit Jahren für einen früheren Beginn des Darmkrebs-Screenings ein. Die zitierte wissenschaftliche Studie unterstreicht diese Forderung. Die Gesundheitspolitik ist jetzt gefragt. Dr. H. Meyer – Stiftung Lebensblicke – Quelle: ÄrzteZeitung online 23.10.2024
Adenom-Detektionsrate: Je höher, desto weniger Karzinome?
Dieser Frage sind die bekannten Forscher Kaminski und Bretthauer nachgegangen. Sie haben ihre Ergebnisse auf dem diesjährigen Europäischen Gastroenterologen Kongress (UEGW) in Wien vorgestellt. Basis der Studie waren fast 500.000 Vorsorgekoloskopien von 789 Ärzten im Kontext des polnischen Screeningprogramms. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Adenom-Detektionsrate bei 26% liegt. Raten, die weit darüber liegen, reduzieren die Krebshäufigkeit nicht mehr relevant. „Eine deutliche Verbesserung der Adenom-Detektionsrate über 26% – z. B. durch Künstliche Intelligenz Systeme – hat somit nicht die Bedeutung, die man vielleicht erwartet hätte“, so Professor Dr. Dieter Schilling, Vorstandsmitglied der Stiftung LebensBlicke. (Pilotin N, Bretthauer M, Kaminski M, Kalager M und Regula J, UEGW 2024)