Seit 1. Juli 2019 gibt es das Einladungsverfahren zur Darmkrebsfrüherkennung in Deutschland. Die Monate Juli 2019 bis Anfang März 2020 haben gezeigt: Das neue Einladungsverfahren durch die Krankenkassen zeigt Wirkung. Die Inanspruchnahme dieser Vorsorgemöglichkeit durch die Bürger nahm um ca. 25% zu, dargestellt durch die Abrechnungszahlen der Vorsorgekoloskopie durch die ambulant tätigen Vertragsärzte (1,2). Können die für die Durchführung der Früherkennungskoloskopie zugelassenen Ärzte, insbesondere die niedergelassenen Gastroenterologen die vermehrte Nachfrage nach einer Vorsorgekoloskopie leisten? Um dieser Frage nachzugehen, hat der Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen (bng) seine Mitglieder bzgl. der aktuellen Wartezeiten auf eine Koloskopie im November/Dezember 2020 online befragt. Dabei ging es darum, nicht nur die Wartezeit auf eine Vorsorgekoloskopie zu erfassen, sondern auch nachzufragen, wie schnell klinisch begründete Untersuchungen im Vergleich zur Vorsorgekoloskopie erfolgen und wie schnell dringende Koloskopien (anale Blutungen, blutige Durchfälle und Gewichtsverlust) im Durchschnitt erbracht werden.
Ergebnisse:
433 Praxen (34.3% aller niedergelassenen Mitglieder des bng) nahmen an der Befragung teil, darunter 155 (35.9%) Einzelpraxen und 277 (64.1%) Gemeinschaftspraxen/MVZs (=BGAs).
- Wartezeiten auf eine Vorsorgekoloskopie
11% aller Praxen boten einen Vorsorgetermin schon innerhalb von 2 Wochen an. 25% der Bürger warten bis zu 4 Wochen, 12% bis zu 6 Wochen. Fast die Hälfte aller Versicherten (48%) konnte einen Untersuchungstermin innerhalb dieser Wartezeit bekommen. Nur bei 22% aller Praxen betrug die Wartezeit länger als 12 Wochen. Dabei ist die Wartezeit bei den BGAs tendenziell kürzer als in Einzelpraxen (Abb. 1)
- Wartezeit bei einer Indikationskoloskopie
Stellte die Abklärung von Bauchschmerzen, Durchfällen oder ein pos. iFOBT die Indikation für eine Koloskopie dar, so boten 25% der Praxen einen Termin zur Abklärungskoloskopie schon innerhalb von 2 Wochen an. 36% der Bürger warteten bis zu 4 Wochen, weitere 15% bis zu 6 Wochen, d.h. mehr als 3/4 aller Versicherten (76%) konnten einen Untersuchungstermin zur Abklärung von Beschwerden innerhalb dieser Wartezeit bekommen. Nur bei 3.5% aller Praxen betrug die Wartezeit bei dieser Indikation länger als 12 Wochen. Auch hier ist die Wartezeit in BGAs tendenziell eher kürzer als in Einzelpraxen.
- Wartezeit bei dringender Indikationskoloskopie
Stellten Patienten sich mit blutigen Durchfällen und Gewichtsverlust zu Koloskopie vor, bestand also eine dringliche Indikation, so konnten 53% aller Patienten innerhalb nur einer Woche einen Untersuchungstermin erhalten. Weitere 38% der Patienten warteten in den befragten Praxen max. 2 Wochen auf eine Untersuchung, weitere 12% bis zu 4 Wochen. In dieser Indikation unterscheidet sich die Wartezeit in BGAs nicht von der in Einzelpraxen.
Fazit:
Die Umfrage zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der bng-Praxen sehr sorgfältig mit der Allokation der „Ressource Koloskopie“ umgeht. So werden Patienten, die eine dringliche Koloskopie benötigen, zeitnahe Termine ermöglicht, um den Beschwerden und Ängsten der Betroffenen möglichst schnell ambulant Rechnung zu tragen. Obwohl die Früherkennungskoloskopie etwas besser honoriert wird als die Indikationskoloskopie, werden diese Untersuchungstermine nicht bevorzugt vergeben. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass fast die Hälfte aller Bürger, die zur Früherkennungsuntersuchungen kommen, innerhalb von 6 Wochen einen Untersuchungstermin erhalten. Die Befragung macht auch deutlich, dass PKV-Patienten nicht bevorzugt werden.
Die Befragung fand in der 2. Welle der COVID-19 Pandemie und im „Lockdown light“ statt. Sie zeigt die Leistungsfähigkeit der ambulanten Gastroenterologie in dieser Situation. Abklärungs- sowie dringende Koloskopien konnten trotz Einschränkungen durch die Pandemie zeitnah durchgeführt werden und Vorsorgekoloskopien wurden trotz Erschwernisse durch zusätzliche Schutzmaßnahmen, Quarantäne-Maßnahmen etc. nicht vernachlässigt. Vorübergehende Kapazitätsengpässe in einzelnen Praxen können besonderen Umständen der Pandemie geschuldet sein.
Abbildung 1
Literatur:
- Mangiapane S, Zhu L, Czihal T, von Stillfried D. Veränderung der vertragsärztlichen Leistungsinanspruchnahme während der COVID-Krise. Hrsg.: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland 2020. Abgerufen am 11.11.2020 unter https://www.zi.de/fileadmin/images/content/PMs/Zi-Trendreport_Leistungsinanspruchnahme_COVID_2020-11-11.pdf
- Schmidt C. Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Z Gastroenterol 2020; 58:1-4
Autoren:
Dietrich Hüppe, Christoph Schmidt, Jens Aschenbeck, Matthias Kahl, Rudolf Loibl, Albert Beyer (Fachgrupppe Kolorektales Karzinom im Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen (bng))