Verbesserung der Krebsversorgung stand im Mittelpunkt

2018-08-21 LandenbergerUnter dem Titel „Qualitätskontrolle und Verbesserung der Krebsversorgung – was ist erforderlich?“ veranstalteten die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) und die Union for International Cancer Control (UICC) das 4. European Round Table Meeting am 05.05. 2017 in Berlin. In ihren Key-Presentations schilderten internationale Referenten Aktivitäten der EU-Kommission und anderer EU-Organisationen zur Qualitätsverbesserung der Versorgung von Krebspatienten. Dabei standen die bevölkerungsbezogenen und klinischen Krebsregister sowie die nationalen Krebspläne in den beteiligten Staaten der EU im Mittelpunkt. Ziel war der Austausch von Best practice sowie das Lernen aus gegenseitigen Erfahrungen. Über die Veranstaltung berichtet im folgenden Frau Professor Dr. Margarete Landenberger (im Bild), Sonderbotschafterin der Stiftung LebensBlicke und ehemalige Stellvertretende Direktorin des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaften der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. „Für die Stiftung LebensBlicke könnte die Initiierung einer vergleichbaren Round Table-Veranstaltung zum Thema Vorsorge, Früherkennung, Therapie und Nachsorge von Darmkrebs mit Experten aus der EU sowie aus einzelnen Staaten überlegenswert sein“, so Professor Riemann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke.

Dr. Stefan Schreck, Vorsitzender der Exekutivagentur für Gesundheit und Verbraucher, EU-Kommission, Luxemburg, berichtete über die EU-Aktionen Reduktion von Tabakkonsum, Steigerung des bevölkerungsbasierten Screenings von Brust-, Gebärmutter und Darmkrebs, Verminderung von karzinogenen Stoffen am Arbeitsplatz, Forschungsförderung und weitere Gesundheitsprogramme. Im Mittelpunkt des EU-4-Jahresprogramms 2014-2017 steht der Europäische Leitfaden zur Qualitätsverbesserung in der umfassenden Krebskontrolle (European Guide on Quality Improvement in Comprehensive Cancer Control CanCon), der von 25 Mitgliedsstaaten entwickelt und seit Februar 2017 online zugänglich ist. Dr. Schreck skizzierte am Ende seines Vortrags die Zukunftsthemen der EU: Schließen der Umsetzungslücke, Verlassen der fachlichen Silos, Lernen aus eigenen Fehlern sowie Abschied von dem Irrglauben „Eine Größe passt für Alle“.

Prof. Dr. Sakari Karjalainen, Präsident der Dachorganisation der EU-weiten nationalen Krebsgesellschaften (Association of European Cancer Leagues ECL), Belgien, und zugleich Präsident der Krebsgesellschaft Finnland bot ebenfalls interessante Erkenntnisse. In seinem Vortrag berichtete er über den Prozess der Datenerhebung und -auswertung in den Krebsregistern in einigen EU-Staaten. Die ECL dient dem Austausch von Best practice sowie dem Lernen aus gegenseitigen Erfahrungen. Ziel ist ein Europa ohne Krebs. Die ECL unterstützt die nationalen Krebsregister und die nationalen Krebspläne. Heute zweifelt niemand mehr den Nutzen der Krebsregister an. Sie stellen vertieftes Wissen über Krebsinzidenz und -mortalität bereit. Sie erlauben, anhand von Studien aus solchen Staaten und Krebsversorgungssystemen zu lernen, die bei vergleichbaren Therapien sowie bei den Krebs-Überlebenden günstige Werte erzielen. Der Autor betonte die Bedeutung der verschiedenen Datenquellen, aus denen die bevölkerungsbezogenen sowie die klinischen Krebsregister profitieren, vor allem von klinischen Daten für klinische Krebsregister aus den stationären Patientenakten, von klinische Daten der Ärzte in der ambulanten Nachversorgung, der Pathologie, von Statistischen Ämtern uvm.

Das finnische klinische Krebsregister bietet Lernmöglichkeiten, weil es bspw. neben medizinischen Daten auch Daten zu Lebensstil, Lebensqualität sowie Risikofaktoren erfasst. Dazu können Patienten-berichtete Daten integriert werden.

Die schwedischen Krankheitsregister fördern zudem eHealth-Dienste, patientenzentrierte Forschung, Förderung der informierten Entscheidung, ebenso IT-Entwicklung.

In Norwegen wurden neben dem übergreifenden Krebsregister zusätzliche Klinische Register zu Darm-, Prostata-, Lungen-, Eierstockkrebs und Melanom etabliert.  Das klinische Darmkrebsregister erfasst Daten zu Diagnose, Therapie und Nachversorgung. Damit soll eine kontinuierliche Verbesserung der Behandlungsoptionen für diese Patientengruppe erreicht werden.

Abschließend zeigte der Referent die Möglichkeiten EU-geförderter Register-basierter Forschung auf. Die Daten der bevölkerungsbasierten Krebsregister werden genutzt für epidemiologische Forschung (Kohorten- sowie Fall-Kontroll-Studien) und Überlebensstudien. Das EUROCARE-Konsortium umfasst Vertreter von 116 Krebsregistern in 30 europäischen Staaten. Die Europäische Kommission kann die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten fördern (Joint Actions). Sie bietet zahlreiche Formen der Forschungs- und Implementationsförderung an, so bspw. das Programm HORIZON 2020.

Prof. Dr. Olaf Ortmann, Vizepräsident der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und Frau PD Dr. Monika Klinkhammer-Schalke, Direktorin des Tumorzentrums Regensburg sowie Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ATD), Berlin lenkten mit ihrem Vortrag den Blick auf die deutsche Situation. Sie erläuterten die Aufgabe der Herstellung kooperativer Netzwerke zwischen Krebszentren, klinischen Krebsregistern und Leitliniengruppen als zentrales Ziel in der weiteren Entwicklung von Krebsversorgung und Qualitätssicherung gemäß dem Nationalen Krebsplan für Deutschland. Die nach dem deutschen Leitlinienprogramm Onkologie für jede Leitlinie zu erarbeitenden Qualitätsindikatoren stellen die Klammer zwischen nationaler, föderaler und regionaler Ebene dar, indem die Qualitätsindikatoren Teil der Zertifizierungsprozesse der DKG sind.

PD Dr. Klinkhammer-Schalke illustrierte die Funktionsweise dieser komplexen Netzwerke an einer deutschen Region, nämlich Regensburg. In dieser Region kooperieren 42 zertifizierte Brust-, Darm- und Prostatazentren mit zahlreichen Krankenhäusern, einem Universitätsklinikum, rd. 1.000 Allgemein- und Fachärzten, die in Projektgruppen und Qualitätszirkeln zu jeder Tumoridentität zusammenarbeiten. Grundlage des regionalen klinischen Krebsregisters sind Eintragungen in den einheitlichen Basisdatensatz von bisher 450.000 Krebspatienten, das jeden individuellen Krankheits- und Nachsorge-Verlauf dokumentiert. Die klinischen Krebsregister ermöglichen den Vergleich von Patientenbehandlungen in der gesamten Region sowie Benchmarking von Krankenhäusern, Zentren sowie niedergelassenen Schwerpunktpraxen. Diese Form der Qualitätssicherung zeigt bereits positive Wirkungen für Patienten, Versorger und Politik, indem Redundanzen in der Patientendokumentation systematisch reduziert werden und innovative Gesundheitsversorgungsforschung möglich wird.

Abschließend führte Frau Dr. Ulrike Hilbig in die Diskussion unter den Round-Table-Teilnehmern ein. Eine der Fragen war, auf welchem Weg zusätzliche, nicht messbare Daten bspw. zu Nebenwirkungen und Toxizitäten, ebenso zu Lebensqualität als eigene Module in den Basisdatensatz der klinischen Krebsregister aufgenommen werden können. Die Teilnehmer schlugen vor, die Krankenkassen als Zahler der Register stärker an Entscheidungen zur Weiterentwicklung zu beteiligen. Durch eine einfache und klare Sprache sollen zudem die Ergebnisse der Registerauswertungen für die Patienten transparent gemacht werden.

Zum detaillierten Bericht gehts hier.