Darmkrebskonferenz unter der Schirmherrschaft der addz

Gruppenfoto ADDZ 2014Fachübergreifender, regelmäßiger Wissensaustausch bildet die Basis aller medizinischen Fortschritte. Das gilt insbesondere für die Verbesserung der Behandlungsqualität von Darmkrebs. Unter der Schirmherrschaft der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Darmkrebszentren (addz) trafen sich daher in Herrenberg führende Darmkrebsexperten aus dem gesamten Bundesgebiet, um sich über neueste Diagnose- und Therapieoptionen auszutauschen. Der Einladung von Prof. Dr. Stefan Benz, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie in Böblingen sowie Vorsitzendem der addz, waren 225 Mediziner – mehrheitlich aus zertifizierten Darmkrebszentren – gefolgt, was die Darmkrebskonferenz zu einer der renommiertesten bundesweiten Fachveranstaltungen macht.

Fortschritte in der Früherkennung und in der Tumorbehandlung

Wie wichtig der Informationsaustausch nach wie vor ist verdeutlichen folgende Zahlen: Mehr als 75.000 Menschen werden jedes Jahr in Deutschland mit der Diagnose Dickdarmkrebs konfrontiert. Oftmals ist es eine tödliche Erkrankung, an der letztlich ca. 40 Prozent der Betroffenen versterben. Im Gegensatz zu anderen Krebserkrankungen ermöglicht die Vorsorge bzw. die Früherkennung aber die Tumorentstehung oftmals gänzlich zu verhindern oder den Krebs mit guten Heilungsaussichten in einem frühen Stadium zu erkennen. Dickdarmkrebs beispielsweise wächst langsam, meist aus gutartigen Vorstufen, den Polypen, die in ihrer Häufigkeit ab dem 50. Lebensjahr deutlich zunehmen. Mit der Dickdarmspiegelung (Koloskopie) steht heutzutage eine hoch effektive, zuverlässige und einfache Methode zur Verfügung, den Darm zu untersuchen und gegebenenfalls bereits entstandene Polypen mit einfachen Mitteln abzutragen.

Jedoch nimmt bisher nur etwa jeder vierte Bundesbürger die von den gesetzlichen Krankenkassen übernommene Vorsorgekoloskopie in Anspruch. Die Konferenzteilnehmer waren sich einig, dass gerade hier Aufklärungsbedarf besteht, wurde doch mittlerweile wissenschaftlich bewiesen, dass durch die Vorsorgekoloskopie mindestens 50 Prozent der Todesfälle an Darmkrebs verhindert werden könnten. Daher sollten Männer ab 50, Frauen ab 55 Jahren diese Vorsorgeuntersuchung tatsächlich wahrnehmen. Die Referenten zeigten aber auch deutliche Behandlungsfortschritte bei den fortgeschrittenen Tumoren auf. Durch komplexe Leberoperationen, wie sie beispielsweise auch in Böblingen praktiziert werden, könnten mittlerweile fast die Hälfte der Patienten mit Lebermetastasen von diesen befreit werden, was die Heilungschancen deutlich erhöhe.

Ähnliche Ergebnisse gebe es für Patienten mit Bauchfellmetastasen durch eine Kombination vom Operation und Spülung des Bauchraumes mit einer Chemotherapielösung. Zudem ließe sich immer besser wissenschaftlich belegen, dass Darmkrebsoperationen in Schlüssellochtechnik auch auf lange Sicht bessere Heilungschancen böten als Operationen mit großem Bauchschnitt. Darmtumore auf der rechten Körperseite galten in dem Zuge lange als zu schwierig für die Schlüssellochtechnik. Prof. Benz demonstrierte mittels eindrücklicher Videoaufnahmen, dass mittlerweile auch diese Darmtumore von hochspezialisierten Chirurgenteams mit der gleichen Akkuratesse in Schlüssellochtechnik operiert werden können.

Eine weitere Erkenntnis des Symposiums war, dass circa fünf Prozent der Darmkrebsfälle familiär bedingt sind. Danach müsse bei Krebsfällen systematisch im Umfeld gesucht werden, um die Verwandten zu schützen. Eine Vorgabe, die in zertifizierten Darmkrebszentren, wie in Böblingen, Leonberg und Nagold, bereits verpflichtend durchgeführt wird. Prof. Dr. Werner Hohenberger aus Erlangen, ehemaliger Präsident der Deutsche Krebsgesellschaft, sprach sich deutlich dafür aus, dass ab 2020 Krebserkrankungen nur noch in solch zertifizierten Zentren behandelt werden sollten. Dafür müsse es zu einer Spezialisierung und Konzentration der Kliniken kommen.

Die nötige Transparenz über Qualität soll ab 2018 die flächendeckende Einführung der Krebsregister liefern. Eine Meinung, der sich auch der Organisator der Konferenz, Prof. Benz ungeteilt anschloss: „Die Zeiten, in denen jede Klinik als Einzelkämpfer das bestmögliche für den Patienten herausholen wollte bzw. auch musste sind vorbei. Nur wenn wir zukünftig in größeren, fach- und standortübergreifenden Zentren denken und handeln, werden dem Patienten auch wirklich alle aktuell verfügbaren Diagnose- und Therapieoptionen zur Verfügung stehen. Dabei gilt es den Wissens- und Kompetenztransfer bundesweit, aber vor allen Dingen auch innerhalb der Kliniken des Verbundes über Standorte hinweg weiter voranzutreiben.“

BILD:
(v.li.n.re.): Chefarzt Prof. Dr. Hubert Mörk, Nagold, Prof. Dr. Jürgen Riemann, Ludwighafen, Vorsitzender der Stiftung Lebensblicke und Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankeiten (DGVS), Chefarzt Prof. Dr. Stefan Benz, Böblingen, Prof. Dr. Werner Hohenberger, Erlangen, ehemaliger Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, Chefarzt Prof. Dr. Hans-Georg Leser, Böblingen.

Darmkrebskonferenz in den Hallen der Firma Walter Knoll, Herrenberg

 

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