Fortschrittsbericht aus der Ruhruniversität Bochum

Automatisierte Klassifizierung des Mikrosatellitenstatus bei Darmtumoren durch künstliche Intelligenz (KI) mittels Infrarotmikroskopie. Der Mikrosatellitenstatus bei Darmtumoren spielt eine wichtige diagnostische und therapeutische Rolle. Eine Mikrosatteliteninstabilität (MSI-H) liegt in etwa 15% der frühen kolorektalen Karzinome vor und spiegelt ein beschädigtes DNA – Reparatursystem in den Tumorzellen wider. Dies führt zu einer massiven Anhäufung von Mutationen in veränderten Zellen, wodurch einerseits das Wachstum des Tumors aber auch dessen Immunogenität beeinflusst wird. Viele Studien haben gezeigt, dass MSI-H Tumore in frühen Stadien mit einer günstigen Prognose assoziiert sind, in fortgeschritteneren Stadien wird darüber hinaus die Wirksamkeit von Immuntherapien überprüft, so dass hier auch eine therapeutische Konsequenz besteht.
Quantenkaskadenlaser (QKL) basierte Infrarot (IR)-Mikroskopie kann Bilder eines ungefärbten Tumorgewebeschnittes mit hoher Auflösung generieren. Die hierbei dargestellten morphologischen Veränderungen ermöglichen, unter Einbeziehung von Verfahren der künstlichen Intelligenz (KI), Rückschlüsse auf molekulare Veränderungen einschließlich des biochemischer, genetischer und epigenetischer Alterationen.

Der Nachweis von MSI-H erfolgt standardisiert durch immunhistochemische Analyse des Pathologen. Die vorliegende Studie eines Forschungsteams des Zentrums für Proteindiagnostik (Prodi) der Ruhr-Universität Bochum verfolgt das Ziel, die Diagnostik mittels QKL -IR basierter Bildgebung und KI Analyse zu ermöglichen. In vorherigen Untersuchungen dieser Gruppe konnte bereits belegt werden, dass die QKL-IR Mikroskopie in der Lage ist an ungefärbten Schnitten Tumorgewebe zuverlässig von anderen pathologischen Veränderungen wie Entzündungen oder auch gesundem Gewebe zu differenzieren.

In der vorliegenden Machbarkeitsstudie konnte gezeigt werden, dass mit dieser Methode der Mikrosatellitenstatus zuverlässig detektiert werden kann. Regionale IR-Spektren reflektieren die wesentliche biochemische Zusammensetzung des Gewebes ähnlich eines Fingerabdruckes. Der KI Algorithmus wurde mittels „random forest“ Klassifizierung trainiert diese spektralen Informationen in einen Farbcode zu übersetzen und zu analysieren. Hierbei wurde an 40 Proben trainiert. Dieser konnte daraufhin an einer verblindeten Kohorte mit 60 Proben mit hoher Sensitivität (100%) und Spezifität (93%) MSI-H detektieren.

Diese Studie zeigt mögliche innovative Perspektiven für eine Marker-freie Diagnostik molekularer Veränderungen auf.

Weitere Studien werden eine Verbesserung der Analysen z.B. durch die Ergänzung von Deep learning Strategien prüfen. Ziel ist die Anwendbarkeit im klinischen Alltag.

 

Angela Kallenbach-Thieltges, Frederik Großerueschkamp, Hendrik Jütte, Claus Kuepper, Anke Reinacher-Schick, Andrea Tannapfel, Klaus Gerwert: Label-free, automated classification of microsatellite status in colorectal cancer by infrared imaging, in: Scientific Reports, 2020, DOI: 10.1038/s41598-020-67052-z

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