Immunologische Stuhlteste – Erfolg oder Misserfolg?

Dr. Gerhard BrennerDr. Gerhard Brenner, langjähriger Leiter des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) und kooptiertes Mitglied des Vorstands der Stiftung LebensBlicke, hat sich mit den bisher zugänglichen nationalen Daten seit Einführung der immunologischen Stuhlteste am 1. April 2017 auseinander gesetzt und seine Ergebnisse beim jährlichen Meeting des Advisory Boards vorgetragen.

Hier sein Resumeé: Die ersten beiden Abrechnungsquartale nach Einführung des neuen immunologischen Stuhltests zeigen noch keine eindeutige Richtung. Zum 1. April 2017 wurde in der gesetzlichen Krankenversicherung der guajakbasierte Stuhltest durch den quantitativen immunologischen Stuhltest (i-FOBT) für die Darmkrebsprävention abgelöst. Berechtigt für sind Versicherte im Alter ab 50 Jahre. Der i-FOBT weist mit einer höheren Sensitivität als der bisher eingesetzte guajakbasierte Stuhltest nicht sichtbares Blut im Stuhl nach. Mit der Untersuchung von nur einer Stuhlprobe werden für die Entdeckung von kolorektalen Karzinomen oder fortgeschrittenen Adenomen eine Sensitivität von mindestens 25% und eine Spezifität von mindestens 90% erreicht. Die ersten Abrechnungsdaten des i-FOBT wurden freundlicherweise über das Wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen (WiDO) auf der Basis der GKV-Daten zur Verfügung gestellt, von denen die AOK einen Anteil von ca. 30% hat.

Zielgruppe
Der Test soll insbesondere eingesetzt werden bei Personen, die das Eintrittsalter von 55 Jahren für die präventive Darmspiegelung noch nicht erreicht haben oder diese invasive Maßnahme aus welchen Gründen auch immer ablehnen. Damit verbunden sind hohe Erwartungen für die Verbesserung der Darmkrebsprävention mit weiter abnehmenden Erkrankungen an Darmkrebs. Ausgabeberechtigt für den Test sind Allgemeinärzte, Internisten, Frauenärzte, Hautärzte, Urologen und Chirurgen. Der Test wird aus Qualitätssicherungsgründen zentral durch Laborärzte oder Ärzte mit entsprechender Genehmigung für die Laborabrechnung ausgewertet. Die zentrale Laborauswertung soll sicherstellen, dass eine Evaluation durchgeführt wird und die Ergebnisse über die Zahl der positiven und negativen Stuhltests den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Verfügung gestellt werden. Diese Auswertung wird erwartet, aber liegt zur Zeit noch nicht vor.

Ergebnisse
Im 3. Abrechnungsquartal vom 1.Juli – 30.September 2017 wurde der neue Stuhltest ca. 785.000 mal im präventiven Bereich eingesetzt. Dies ist eine Steigerung gegenüber dem Einführungsquartal 2/2017 von 5,6%. Auffällig ist aber, dass den von den Ärzten abgerechneten Stuhltests nur ca. 570 .000, d.h. 72,6%, Laborauswertungen gegenüberstehen. Diese Differenz ist weiter zu untersuchen, weil die Stuhltests erst dann abgerechnet werden dürfen, wenn auch die Laborauswertung vorliegt. Sollte sich dieser Sachverhalt aber im weiteren Verlauf der Datenauswertung bestätigen, ist darüber nachzudenken, ob das in Deutschland angewandte Ausgabeverfahren mit einem zweimaligen Arztkontakt für die Inanspruchnahme und Rückgabe des Tests anwenderfreundlich ist oder verändert werden sollte.

Gegenwärtig kann man davon ausgehen, dass von 3/2017 hochgerechnet auf das Gesamtjahr etwa gut 3 Mio. Stuhltests im präventiven Bereich ausgegeben wurden. Damit haben etwa 11,4% der Versicherten im Alter über 50 Jahre den Test in Anspruch genommen. Dies ist für den Anfang nicht schlecht. Auffallend ist aber, dass von den 785.000 Stuhltests im 3/2017 von den Frauenärzten allein ca. 391.000 Tests, d.h. ca. 50%, ausgegeben wurden. 258.000 Tests entfielen auf die Allgemeinärzte, und die Urologen haben ca. 75.000 Tests ausgegeben. Der Großteil der Stuhltests wurde also von den Frauen in Anspruch genommen. Dies ist gut, aber die Information und Motivation gegenüber dem männlichen Geschlecht ist noch verbesserungsbedürftig.

Stuhltestversand
Andere Länder, z.B. die Niederlande, verschicken den Test zusammen mit einer Information direkt an die Versicherten, die dann die Stuhlprobe direkt an das zugewiesene Labor einsenden und von dort das Ergebnis mitgeteilt bekommen. Ein solches Verfahren könnten auch deutsche Krankenkassen anwenden und z.B. dem Versicherten mit dem 50. Geburtstag den Stuhltest mit einer sachgerechten Information zuschicken. Die Beteiligungsraten an der Darmkrebsprävention würden sich dadurch deutlich verbessern.

Präventive Koloskopie infolge positiver Stuhltests
Ebenfalls noch offen ist die Frage, wie eine Analyse der positiven Stuhltests im Hinblick auf die Prävalenz des Darmkrebses und die Stadienverteilung durchzuführen ist. Dazu ist es erforderlich, dass Darmspiegelungen infolge eines positiven Stuhltests als präventive Leistungen erfasst und ausgewertet werden und nicht – wie zur Zeit – in der Abrechnung als kurative Leistung geführt werden und dort verschwinden.

Beobachtung durch Stiftung Lebensblicke
Die Stiftung LebensBlicke wird die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten und soweit erforderlich auch Vorschläge zur Verbesserung der Darmkrebsprävention in die gesundheitspolitische Diskussion zusammen mit ihrem Advisory Board, dem namhafte Institutionen und Personen angehören, einbringen.

Folien von Dr. Gerhard Brenner
Präsentation in der Sitzung des Advisory- Boards am 3. Juli 2018 in Berlin
Akzeptanz des quantitativen immunologischen Stuhltests (i-FOBT)

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